Kotfressen…. Weils einfach schmeckt oder doch ein Grund zur Besorgnis?

Kotfressen…. Weils einfach schmeckt oder doch ein Grund zur Besorgnis?

Jedes Mal, wenn der Hund ein Stück Kot genüsslich in den Mund nimmt, könnten wir uns vor Ekel nur so schütteln. Doch warum machen das unsere Hunde? Ist es normal oder ist die Koprophagie (= Kotfressen) ein Prozess aufgrund einer Erkrankung?

Völlig normal, auch wenn es uns nicht „schmeckt“:

In den allermeisten Fällen ist das Fressen, im speziellen von Pflanzenfresser Kot wie z.B. Pferdeäpfel, Kuhdung oder Schafsköttel vooooollkommen normal. Es ist sogar ein Genuss, eine Art „Praline“ für den Hund. Für uns vollkommen unvorstellbar. Aber es „schmeckt“ einfach nur … und es kommt aus dem natürlichen Repertoire des Hundes. So vertilgt der Wildhund bzw. Wolf mit seiner Beute Teile des Magen- und eben Darminhalts, im speziellen eben von Pflanzenfressern (seiner Beute) und auch bei Mutterhündinnen ist die Koprophagie zu beobachten. Sie schleckt Kot und Urin ihrer Welpen in den ersten Lebenswochen ab, um so das „Nest“ sauber zu halten.

Wenn der Hund durchs Kot fressen mit uns kommuniziert:

Doch manchmal veranlassen den Hund andere Ursachen dazu Kot zu fressen. Insbesondere wenn der Kot von Fleischfressern oder dem Hund selbst stammt.

Diese können u.a. sein:

  • Enzymmangel
  • Gestörte Darmflora
  • Parasitenbefall (+ Nährstoffmangel)
  • Stress oder Langeweile
  • Weitere Ursachen

Enzymmangel:

Beim Enzymmangel geht es darum, dass nicht genügend Verdauungsenzyme durch die Bauchspeicheldrüse produziert werden können. Dies kann durch z.B. eine Bauchspeicheldrüseninsuffizienz oder aber auch der Mangel des Hormons Cholecystokinin“, kurz CKK .

Vor allem dann, wenn der eigene Kot des Hundes nicht optimal ist, ggf. schaumig, fettig, breiartig ist und/oder dabei eine gelbe oder graue lehmartige Farbe aufweist und in sehr großen Mengen abgesetzt wird. Hier ist es sinnvoll die Bauchspeicheldrüse mittels einer Blutentnahme zu kontrollieren.
(ein CKK Mangel mit resultierender exokriner Pankreasinsuffizienz ist sehr aufwendig zu testen und wird daher beim Hund, soweit ich weiß, gar nicht oder wenn dann nur seeeehr selten angewendet)

Allerdings muss es nicht zwingend schon zu den genannten Symptomen einer Bauchspeicheldrüseninsuffizienz gekommen sein, wenn das Kotfressen anfängt. Der Hundekörper kann viele Erkrankungen, wie wir Menschen sehr gut bis zu einem bestimmten Punkt kompensieren.

Gestörte Darmflora:

Die Darmflora, oder auch Mikrobiom, sorgt dafür, dass wir und auch die Hunde uns „wohl“ fühlen. Sie ist für die Verdauung und somit die Aufnahme von Nährstoffen und Vitaminen zuständig, indem Enzyme für die Verdauung ausgeschüttet werden.
Aber auch für den Stoffwechsel und das Immunsystem ist die Darmflora von großer Bedeutung. Besteht eine Dysbiose (=Verschiebung der Darmbakterien), kann es dazu kommen, dass vor allem die Verdauung gestört ist. Der Hund versucht sich in diesem Fall ggf. durch das Kotfressen zu behelfen und das Mikrobiom wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Das wäre in diesem Fall dann keine Koprophagie im ursprünglichen Sinne, sondern eher eine Zoopharmakognosie (=Selbstmedikation).

Vor allem das Aufnehmen von anderem Hunde- oder Katzenkot könnte ein Zeichen für eine Dysbiose sein. Da dieser Kot von „gesunden“ Tieren die passenden Enzyme und Bakterien enthält und somit für eine Selbstmedikation geeignet wären.

Parasitenbefall (+ Nährstoffmangel):

Gerade bei einem Parasitenbefall, wie z.B. auch der Giardienbefall (Verlinkung Text) können dazu führen, dass durch die Parasiten der Darm angegriffen und dadurch auch die Darmflora geschädigt wird. Hier könnte es bei langanhaltenden Parasitenbefall auch zu einem Nährstoffmangel führen. Da sowohl die Spaltung der aufgenommenen Nahrung als auch die Aufnahme ins Blut durch die Darmzotten gestört werden kann.

Stress oder Langeweile:

Jedem Hundehalter meistens bekannt sind sogenannte Übersprungshandlungen, wenn der Hund gestresst ist. Nicht zur Ruhe kommt oder ganz im Gegenteil nicht seiner Art entsprechende Auslastung erhält und sich im wahrsten Sinne des Wortes langweilt. Wobei zweiteres derzeit immer mehr abnimmt. Viele Hunde sind einfach schlichtweg überfordert und erhalten viel zu wenig Zeit zum Ruhen und Verarbeiten.

Das kann sich, wie bei uns Menschen, auf den Darm auswirken. Gerade Stress ist ein großer Faktor und die Darmflora wird wieder gestört, es kann zu zeitlich begrenzten Durchfällen kommen. z.B. ist der Hund morgens ausgeschlafen und „entspannt“ und der Kot ist schön geformt und entspricht der gesunden Farbe, jedoch im Laufe des Tages kommt es nicht zur ausreichenden „Entspannung“ und der Darm ist überfordert, der Kot wird weicher sogar durchfallartig und auch die Farbe kann sich ändern. Dies wird gerne auch bei Welpen beobachtet, da diese oft noch nicht so ein ausgeprägtes Immunsystem und stabile Darmflora aufweisen und somit bei Stress gerne mit dem Darm reagieren. Hier ist neben einer geeigneten Unterstützung in der Ernährung auch das richtige Verhalten tagsüber dem Welpen gegenüber zu betrachten.

Ja und bei der Langweile – wie man so schön sagt „kommt man auf dumme Gedanken“ oder man wird depressiv und träge. Das kann bei Hunden auch der Fall sein. Sie werden immer träger und damit auch die Darmperistaltik und die Darmflora kann durch die psychisch negative Belastung verschoben werden.

Weitere Ursachen:

Auch Revierverhalten (Spur verwischen durch Fressen des eigenen Kots), der hohe Proteingehalt in Katzenkot, Geschmacksverstärker im Kot von Artgenossen und ggf. sogar der Wunsch nach Aufmerksam können weitere Ursachen sein.

Aus welchem Grund frisst mein Hund nun Kot?

Wenn dein Hund Kot frisst, solltest du ihn genau beobachten. Stelle dir folgende Fragen:

  • Welcher Kot wird vorzugsweise verspeist?  –> Pflanzenfresser und/oder Fleischfresser.
  • Wann bzw. in welcher Situation wird Kot gefressen?
  • Ist dein Hund vielleicht sogar noch ein Welpe / Junghund?
  • Wie ist der Gesundheitszustand deines eigenen Hundes?
  • Wie sieht der Kot deines Hundes aus?

Mit diesen Fragen kommst du schon eher darauf, warum dein Hund überhaupt Kot frisst. Bist du dir unsicher kannst du dich gerne bei mir melden.

Ist Kotfressen gefährlich für meinen Vierbeiner?

Prinzipiell nein, solange es von Pflanzenfressern kommt und kein MDR1 Gendefekt (Erklärung am Artikelende) beim Hund vorliegt.

MDR1-erkrankte Tiere:
Da viele Pferde mit Ivermectin Produkten entwurmt werden, scheiden diese über den Kot das Ivermectin auch wieder aus. Dieses Medikament kann allerdings bei MDR1 erkrankten Hunden zu Vergiftungserscheinungen bis hin zum Tod führen.  Hier ist es sehr sinnvoll das Kotfressen abzutrainieren, ggf. nimmst du hier einen Hundetrainer deines Vertrauens zur Hilfe.

Kot von Fleischfressern:
Hier können bei der Aufnahme des Kots Parasiten wie z.B. Würmer oder Giardien übertragen werden, welche z.T. auch auf den Menschen übertragbar (= Zoonosen) sind.
(vor allem Vorsicht bei Kleinkindern, alten und immungeschwächten Menschen. Abschlecken vom Hund im Gesicht vermeiden!)

Mein Fazit zum Thema „Natur-Praline“ für den Hund:

Nun prinzipiell sollte man den Hund ja Hund sein lassen, er erzählt uns mit seinem Verhalten und seiner körperlichen Konstitution sehr viel über seinen Gesundheitszustand. Aber natürlich verstehe ich auch, wenn dieses „Kotfressen“ nicht gerade beliebt bei uns ist.  Und es dann am Schluss noch einen, ich nenne es immer liebevoll „Kacka-Kuss“ mitten ins Gesicht gibt… Ob das abhärtet? Man munkelt, aber vor allem bei kleinen Kindern, immunschwachen oder älteren Menschen sollten wir eine erhöhte Vorsicht haben, wenn der Hund seine Vorliebe einfach nicht sein lassen möchte. Denn hier können nicht nur Darmparasiten ein Problem darstellen, auch andere Keime der Hundezunge können bei dieser Gruppe zu Problemen führen.

Ist es euch ein Kräuel, dass euer Hund alles frisst und es wirklich auf ein „normales Verhalten“ zurückzuführen ist, gibt es natürlich auch die Möglichkeit mit einer fachlich helfenden Hand (Hundetrainer) das unerwünschte Fressverhalten abzutrainieren. Auch wenn es darum geht, dass das „Kotfressen“ auf der Basis einer Verhaltensproblematik zurückzuführen ist.

Kleiner Exkurs:
Ein MDR1 Gendefekt ist eine genetische Veränderung, bei der das MDR1 Gen fehlt.

Wofür ist MDR1 wichtig?

  • Schützt vorm Eindringen v. ggf. gefährlichen Fremdstoffen wie bestimmte Arzneimittel und Umweltstoffe ins Gehirn und Nervensystem
  • Trägt zur Ausscheidung der Stoffe aus Leber und Niere bei
  • Verringert die Aufnahme im Darm

D.h. im Umkehrschluss. Wenn dieses Gen fehlt, ist der natürliche Schutzmechanismus gestört und es kann zu „Medikament-Überdosierungen“ kommen. Nach Einnahme kann es zu Vergiftungsanzeichen wie Bewegungs- und Koordinationsstörungen, Zittern, Benommenheit, Erbrechen bis hin zum Koma und Todesfällen kommen. Daher ist es wichtig bei bestimmten Rassen diesen Defekt mittels DNA-Bluttest auszuschließen.

Bisher beobachtet ist es bei Rassen wie Collie und Border Collie, Shetland Sheepdog, Australian Shepherd , Bobtail, Old English Sheepdog, Deutscher Schäferhund, Longhaired Whipped, Weißer Schweizer Schäferhund, Wäller, English Shepherd, Silken Windhound immer wieder auf.