Der Irrsinn der Futtermittelindustrie

Der Irrsinn der Futtermittelindustrie

Es liest sich wie ein Bestseller, doch ist es auch sinnvoll???

Die Futtermittelindustrie wuchs in den letzten Jahren enorm, so auch die Vielfalt an verschiedensten Futtermitteln für die komplexesten Einsatzbereiche. Sei es nun Allgemeinfuttermittel mit den zum Teil sehr exotischen Tieren wie z.B. Elch, Kamel und Insekten, aber auch Ergänzungen, die für jede Lebenssituation bzw. Gesundheitszustand des Hundes / der Katze eine stützende Hand geben sollen. Dabei kommen z.B. Kräuter, Heilpilze, homöopathische Ergänzungen nicht zu kurz.

Doch was ist sinnvoll? Wie irre ich in dem Labyrinth aus Futtermitteln für meinen Vierbeiner nicht orientierungslos umher?

Minimalismus in der Futtermittelwahl

Nicht immer ist die Devise „viel hilft viel“ die Antwort auf verschiedenste Problematiken bei unseren Vierbeinern. Weshalb ich euch gerne den „Minimalismus“ im Bereich der Futtermittelauswahl genauer erläutern möchte. Dieser ist für mich in meiner Art der Ernährungsberatung ein wichtiger Bestandteil, auf den ich meine Futterplan Erstellungen aufbaue und der euch vielleicht bei dem ein oder anderen Kauf von Futtermitteln helfen könnte.

Was ist „Minimalismus“?

Minimalismus wird im Duden erklärt als: „Bewusst einschränken auf ein Minimum, auf das Nötigste.“ Wobei der Ausdruck Minimalismus auf das lateinische Wort „minimus = das Geringste“ zurückzuführen ist.

Nun wissen wir, dass Minimalismus vor allem eine bewusste und dabei wirklich notwendige Auswahl verfolgt. Das kann man wunderbar in sein ganzes Leben integrieren.
Vielleicht hast auch du schon was von Minimalismus im Zusammenhang mit dem Besitzgütern gehört? Dabei wird ein Leben angestrebt, in dem man sich auf das Wesentliche einschränkt und seinen Besitz oder anders gesagt Konsumgüter bewusst wählt.

Dabei tritt die Frage „Brauche ich das wirklich und wenn ja wofür?“ stark in den Vordergrund.

Aber es gibt eben auch andere Bereiche, wie in unserem Fall die Futtermittelauswahl für Hund & Katz‘ in der man den Minimalismus wunderbar einsetzen kann.

Wirklich sinnvoll oder nur eine Symphonie für die Ohren?

Nun geht der Trend immer mehr in die natürliche Ernährung und damit die weitestgehende natürliche Behandlung von diversen Erkrankungen und das auch bei den Tieren. Aber auch der Hundesport bietet jetzt eine sehr breite Auswahl an verschiedensten Unterstützungen. Der Hund ist nicht mehr nur ein „Arbeitsgerät“, sondern eben ein Familienmitglied, ein Trainingspartner, der natürlich am besten für immer leben sollte. Dabei werden genau diese Emotionen von der Futtermittelindustrie schamlos ausgenutzt.  

Natürlich liest sich ein Futtermittel, was mit folgendem Text angepriesen wird wie eine Symphonie für die Ohren. Doch lasst uns gemeinsam erarbeiten, was in diesem Futtermittel wirklich Sinn macht und was eben reine Verkaufstaktik ist.

Zusammensetzung Trockenfuttermittel XY:
Insekten getrocknet (Schwarze Sodatenfliege), Kartoffel (gemahlen), Kartoffelstärke, Erbsen (gemahlen), tierisches Fett, Süßkartoffeln (gemahlen), Johannisbrot, Leinsamen, Mineralstoffe, Bierhefe, Lachsöl, Inulin (Quelle für FOS), Karotten (gemahlen), Brennnessel, Echinacea, Tomaten (gemahlen), Apfel (gemahlen), Mango (gemahlen), Pflaume (gemahlen), Banane (gemahlen), Thymian, Basilikum, Spirulina, Cranberry, Sellerie, Yucca-Schidigera-Pulver

Dieses Futter wird als hypoallergenes Futter angepriesen und vor allem Hundehalter mit Allergikern würden hier hellhörig werden. Hört sich doch gut an, oder???

Fangen wir mal an:

  • Proteinquellen – Insekten (Hauptproteinlieferant) und Erbsen
    • Diese Proteinquellen sind sowohl für allergiegeplagte und darmsensible Hunde eine guter Lösungsansatz, aber auch gesunde Hunde haben hier theoretisch eine exquisite Geschmacksrichtung, welche aber absolut nicht notwendig im Speiseplan eines gesunden und sogar darmsensiblen Hundes aufgeführt werden müssen.  
  • Energiequellen – Kartoffeln, Süßkartoffeln, tierische Fette
    • Für sich allein sind die Kohlenhydratquellen Kartoffel und Süßkartoffel eine leicht verdauliche Energiequelle. Auch das tierische Fett dient als Energieversorgungspunkt Nr. 1, an welchem erstmal bis auf die undefinierte Tierart nichts auszusetzen ist.
      Doch im Zusammenhang mit der Überschrift „Hypoallergenes Trockenfutter….“ ist die Kartoffel fehl am Platz. Denn diese findet man in mittlerweile jedem getreidefreien Trockenfutter. Deshalb ist es als Futterquelle bei einem Verdacht auf Futtermittelallergie ungeeignet. Besser wäre hier in dem Fall ausschließlich auf Süßkartoffeln zurückzugreifen, was allerdings den Preis des Trockenfutters höchstwahrscheinlich in die Höhe treiben würde.
  • Weitere Bestandteile und ihre Funktionen:
    • Johannisbrot, Leinsamen, Inulin (FOS) = Ballaststofflieferanten
      Fazit: Absolut in Ordnung für eine gute Darmperistaltik, allerdings mit 3 Quellen ggf. eine 1 Quelle unnötig. (ggf. taktische Zusammenstellung für den Hersteller)
    • Kartoffelstärke = als natürliches Bindemittel.
      Fazit: Dient mehr dem Herstellungsprozess als dem Nutzen für den Hund. Ist aber bei Trockenfuttermitteln leider notwendig.
    • Bierhefe = natürliche Vitamin B Quelle mit jedoch hohem Phosphorgehalt.
      Fazit: Für Gesunde Hunde kein Problem, allerdings kann Bierhefe bei Allergikern zu Reaktionen führen.
    • Tomaten, Apfel, Pflaumen, Mango, Bananen, Karotten, Cranberry, Sellerie als pflanzliche Quelle.
      Fazit: Gemüse und Obst bietet in erster Linie ebenfalls einen erhöhten Ballaststoffanteil durch die Pflanzenfasern, allerdings ist hier die Auswahl auf die Verdauung günstigen Gemüse- und Obstsorten getroffen worden. Einzig allein die Tomate finde ich sollte in der Hundeernährung nicht zwingend enthalten sein, da sie zu den Nachtschattengewächsen gehört und bei falscher Fütterung zu Problemen führen könnte. (Worauf aber Futtermittelhersteller definitiv achten werden)
    • Mineralstoffe = diese runden das Futter meist zu einem Allgemeinfutter ab. Sie ergänzen die bereits im Trockenfutter enthaltenen natürlichen Nährstoffquellen.
      Fazit: Diese sind tatsächlich wichtig, um Mangelerscheinungen vorzubeugen.
    • Yucca-Shidigera, Brennnessel, Thymian, Basilikum, Echinacea = Heilpflanzen
      Fazit: Heilpflanzen verraten bereits in ihrem Namen, dass sie für bestimmte Erkrankungen als heilende Komponenten dienen sollten. In einem allgemein angepriesenen Trockenfutter haben sie daher in meinen Augen nichts zu suchen. Zumal sie meist in nicht heilenden Mengen enthalten sind und somit lediglich dem schönen Lesen dienen. Sicherlich tragen sie in dieser Auswahl zu einer, im besten Fall, Unterstützung der Darmfunktion bei, allerdings sollten sie lieber gezielt als extra Ergänzung bei Bedarf zugefüttert werden.

Wie man nun schön an diesem Beispiel sieht, ist es für das was es angepriesen wird eher schlecht geeignet. Eben darmsensible und allergisch reagierende Hunde. Des Weiteren sind Bestandteile enthalten, die nicht zwingend sein müssten, siehe Insekten und die Auswahl der Kräuter.

Viel bewusster, als bei Allgemeinfuttermitteln sollte man vor allem mit den „ergänzenden“ Futtermitteln sein. Dies betrifft vor allem natürliche Leckerlis gegen Würmer bzw. Zecken, Gelenkspräparate, Zahnpflegeprodukte und ganz speziell auch BARF-Ergänzungen, sowie die Anwendung von Kräuter- und Heilpilzmischungen.

Aber nicht alles ist gleich negativ oder sinnbefreit!

Dennoch ist das Wachstum der Futtermittelindustrie nicht nur negativ zu betrachten. Viele Ergänzungen sind tatsächlich hilfreich und es ist schön, dass man als Tierbesitzer einfachen Zugang dazu hat und auch ich als Ernährungsberatung eine breitere Auswahl bei meiner Einzelfallentscheidung jedes Hundes, jeder Katze habe.

Ernährungsberatung mit Fokus auf den Minimalismus

„So viel wie nötig und so wenig wie möglich“ ist eine gesunde Möglichkeit sich vor allem mit der Fragestellung „Brauche ich das wirklich und wofür ist es notwendig“ zu beschäftigen. So wächst ein gesundes Selbstbewusstsein in der Auswahl seiner Futtermittel. Ein Hinterfragen der einzelnen Bestandteile bietet zum einen die Möglichkeit die Ernährung des Hundes besser zu verstehen und zum anderen auf unnötige Bestandteile zu verzichten und dabei Geld zu sparen.

Der Ansatz des Minimalismus ist in dem Fall nicht nur gesundheitsfördernd, sondern auch geldsparend.

Möchte man seinem Hund bei verschiedensten Lebenslagen, sei es als Arbeitshund, Trainingspartner oder bei Erkrankungen und im Alter unterstützen, dann empfiehlt es sich gezielte Ergänzungen ggf. fachmännisch zusammenstellen zu lassen bzw. bereits vom Handel fertig hergestellte Präparate besser zu durchleuchten und gezielt einzusetzen.